Anwalt Sozialrecht Berlin: Hartz-4-Sanktionen

Die Bedarfsgemeinschaft im Sozialrecht – Das müssen Sie wissen

Eine Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialrecht liegt dann vor, wenn mehrere Personen gemeinsam mit dem Leistungsberechtigten in einem Haushalt zusammenleben, gemeinsam wirtschaften und in einer Notsituation füreinander einstehen. Entscheidend sind die Folgen für die Höhe Ihrer Sozialleistung, wenn Sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben: Bei der Berechnung von Hartz 4 werden alle der Bedarfsgemeinschaft angehörenden Personen mit ihren persönlichen Verhältnissen (Einkommen und Vermögen) einbezogen. Das heißt: Hat eine Person, die mit Ihnen in Bedarfsgemeinschaft zusammenlebt, mehr als das Nötigste, das sie für sich selbst zum Leben braucht, dann sind ihre Mittel auch für die anderen Personen in der Berechnung anzusetzen. Dieser Ausgleich im Sozialrecht führt in diesem Fall dazu, dass Sie insgesamt weniger Hartz 4 bekommen.

Zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören grundsätzlich alle Personen, die in einem Haushalt zusammenleben und von denen erwartet werden kann, dass sie ihr „Einkommen und Vermögen zur Deckung des Gesamtbedarfs aller Angehörigen der Gemeinschaft einsetzen“ (Bundesagentur für Arbeit, Fachliche Weisungen § 7 SGB II, 7.64, abrufbar unter http://harald-thome.de/fa/harald-thome/files/sgb-ii-hinweise/FH-7—10.08.2016.pdf).

Das heißt konkret:

  • der erwerbsfähige Leistungsberechtigte selbst,
  • der nicht dauerhaft getrennt lebende Ehegatte, eingetragene Lebenspartner oder eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass „nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“ (sog. eheähnliche Gemeinschaft, § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II),
  • die im Haushalt lebenden eigenen Kinder und die Kinder des Partners unter 25 Jahren, die unverheiratet sind und kein ausreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen haben (bei erwachsenen Kindern unter 25 Jahren liegt eine Bedarfsgemeinschaft aber nur vor, wenn sie mit ihren Eltern gemeinsam wirtschaften, LSG Bayern 04.05.2007, L 7 AS 392/06, abrufbar unter https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=73332&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive),
  • die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten, erwerbsfähigen Kindes unter 25 Jahren, und die/der im Haushalt lebende Partnerin/Partner dieses Elternteils.

Personen, die weder verheiratet sind noch in eingetragener Lebenspartnerschaft zusammenleben, sind nur dann eine Bedarfsgemeinschaft, wenn sie beide den Willen haben, füreinander in Notsituationen einzustehen (s.o.). Eine solche Gemeinschaft wird vom Jobcenter vermutet, wenn Sie länger als ein Jahr zusammenleben, wenn Sie mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder wenn Sie befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (§ 7 Abs. 3a SGB II). Das heißt aber nicht, dass in diesen Fällen immer eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt! Sie haben immer die Möglichkeit, die Vermutung zu widerlegen, also dem Jobcenter das Gegenteil zu beweisen, wenn Sie tatsächlich in getrennten Lebens- und Wirtschaftsbereichen leben.

Nicht automatisch jeder, der mit Ihnen in einem Haushalt zusammenwohnt, gehört auch zur Bedarfsgemeinschaft. Folgende Personen gehören nicht zu Ihrer Bedarfsgemeinschaft:

  • Dauernd getrennt lebende Ehegatten und Lebenspartner (dafür ist nicht die räumliche Trennung ausschlaggebend, sondern ein „nach außen erkennbarer Trennungswille“ (BSG 18.02.2010, B 4 AS 49/09 R; abrufbar unter http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&sid=93b1d297d8633a486835193ecc9aeb83&nr=11474&pos=0&anz=1); entscheidend ist im Zweifel, ob Sie tatsächlich noch gemeinsam wirtschaften (Bundesagentur für Arbeit, Fachliche Weisungen § 7 SGB II, 7.66),
  • Personen, die zwar zusammen in einem Haushalt leben, sich aber finanziell nicht unterstützen und nicht füreinander einstehen wollen (reine Wohngemeinschaft),
  • Kinder, die über 25 Jahre alt sind,
  • Kinder bis 25 Jahre, die ein eigenes Kind versorgen, die verheiratet sind oder mit einem Partner in Bedarfsgemeinschaft zusammenleben, oder die ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können – dies ist aber nicht auf den Bedarf der Eltern anzurechnen (Bundesagentur für Arbeit, Fachliche Weisungen § 9 SGB II, 9.44, abrufbar unter http://harald-thome.de/fa/harald-thome/files/sgb-ii-hinweise/FH-9—20.06.2014.pdf),
  • Großeltern und Enkelkinder,
  • Tanten und Onkel und Nichten und Neffen,
  • Pflegekinder und Pflegeeltern,
  • Geschwister, soweit sie ohne Eltern zusammenleben,
  • sonstige Verwandte und Verschwägerte,
  • nicht verwandte Personen, die im selben Haushalt leben.

Onlineprüfung Bedarfsgemeinschaft

Prüfen Sie hier anhand der Checklise, ob Sie in einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialrecht (Hartz 4) leben. Unsere anwaltliche Erfahrung zeigt, dass es oft Anhaltspunkte gibt, die das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft in Frage stellen.